Es gibt Momente in der Musik, die Erwartungen sprengen und Neues schaffen – genau das erlebte das Publikum am Sonntagabend beim Konzert der Kantorei und den Opptimisten der St. Petrikirche Melle und den Westfälischen Saxophonikern. Unter der Leitung von Kreiskantor Andreas Opp wurde Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium in der Petrikirche in einem einzigartigen Arrangement präsentiert: Klassik verschmolz mit Jazz, Pop und Blues und sorgte für ein Musikerlebnis, das gleichermaßen berührte wie elektrisierte, vielleicht auch polarisierte.
Die musikalische Vielfalt des Abends spiegelte sich auch in der exzellenten Besetzung der Gesangssolisten wider. Altistin Eike Tiedemann überzeugte in Arien und Rezitativen mit weichem Klang, Bassist Michael Humann zog die Zuhörer mit ausdrucksstarken Timbre ebenfalls in seinen Bann. Tenor Jörn Lindemann strahlte sowohl als Evangelist als auch in den Arien eine ergreifend emotionale Intensität aus. Und auch Chorsopranistin Karin Tröster meisterte ihren kurzen Soloauftritt souverän.
Die Integration von Jazz-, Pop- und Blues-Elementen in das Weihnachtsoratorium war mehr als ein musikalisches Experiment – es war ein Brückenschlag zwischen Tradition und Moderne.
Die Westfälischen Saxophoniker ließen die barocken Klänge lebendig werden und erweiterten Bachs Originalkompositionen um Jazz-Elemente. Dabei bewiesen sie ihre unglaubliche Wandlungsfähigkeit: Mal klangen sie tatsächlich wie Streicher, Oboen oder Trompeten eines Barockorchesters, verwandelten sich dann wieder in lässige Jazzer. Mitunter zuckte es förmlich in den Fingern zum Mitschnippen.
Kreiskantor Andreas Opp bewies ein feines Gespür für die Balance zwischen den unterschiedlichen musikalischen Welten: hier die typische Rezitativbegleitung von Anna-Maria Pfotenhauer, Orgel und Karsten Nagel, Cello und dann wieder die kontrastreiche Saxophonklangfamilie im Zusammenklang mit bekannten Chorwerken.
Sein Dirigat hielt die verschiedenen Stile zusammen und schuf einen roten Faden, der das Publikum durch die musikalische Reise führte.
Die Begeisterung im Publikum entlud sich am Ende mit tosendem Applaus und stehenden Ovationen, für die sogar zwei Zugaben spendiert wurden.
Ob die drei ersten Kantaten des Weihnachtskonzertes nun festlich-besinnlich wie sonst üblich oder unterhaltsam neu gedacht rüberkamen, bleibt der Einschätzung jedem der Zuhörer in der bis auf den letzten Platz besetzten Petrikirche selbst überlassen.
Text: Conny Rutsch, Fotos: Conny Rutsch, Harald Kirchhoff