Ohne Wirt geht es nicht. In jedem Krippenspiel hat er seinen großen Auftritt.
Mit aufgemaltem Bart, manchmal auch mit Schürze und Schiebermütze, steht er breitbeinig vor der verschlossenen Tür seiner Herberge. „Nein, hier ist kein Platz für euch!“ Barsch verweist er Maria und Josef. Keine schöne Rolle. Einen Engel oder Hirten zu spielen ist meistens wesentlich beliebter. Doch ohne Wirt würde dem Krippenspiel etwas fehlen.
Dabei kommt er in der Weihnachtsgeschichte gar nicht vor. In der Bibel heißt es:
„Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.“ (Lukas 2,7). Vom Wirt keine Spur. Ist er so wichtig, dass wir ihn erfinden müssen?
Der Wirt steht im Weg. Damit bringt er viel unserer täglichen Lebenserfahrung in die Geschichte. Sie ist nicht rührselig, sondern realistisch.
Wie vieles steht uns im Weg! Verhindert, dass wir unbeschwert in einen fröhlichen Heiligen Abend gehen können. Eine Krankheit, die nicht weichen will. Existenzsorge, die auf der Stelle treten lässt. Liebeskummer, der den Blick in die Zukunft versperrt. Kriegsmeldungen, die bedrohliche Schatten werfen und Angst ausstreuen. Lauter Lebensbegrenzer, Lebensverhinderer. Verschlossene Türen für das Hoffnungsvolle und die guten Nachrichten. Es steht uns viel im Weg, bringt Stillstand und Sorgen. Wie soll es weitergehen?
In manchen Krippenspielen redet die Wirtsfrau ihrem Mann gut zu. In anderen beginnt er zu zögern, legt sein rabaukenhaftes Auftreten ab und zeigt Josef und Maria den Weg in den Stall. Menschlichkeit scheint auf. Ein Herz bleibt nicht für immer verhärtet. Wege öffnen sich, anders als erwartet. Gott kommt in Jesus Christus zur Welt, armselig, schäbig. Aber nichts kann ihn aufhalten. Er bahnt sich seinen Weg und ruft uns zu: Ich bin da und gehe mit euch. Bringt eure Tränen, eure Sorgen. Hier an der Krippe haben sie ihren Platz. Und dann brecht wieder auf mit einer Hoffnung, die weit über diese Nacht hinausführt.
Die Zuversicht dieser alten Geschichte reißt uns aus dem Kerker der Sorge. Für manch einen oder eine mag das nur eine Festtagsfassade sein. Für mich ist das mehr. Es ist die Gewissheit, dass Gott uns niemals loslassen wird, nicht in all unseren Sorgen und unseren Ängsten. Türen öffnen sich, gegen jede Erwartung, und wir leben Tag um Tag in der Gastfreundschaft Gottes. Seit dieser ersten Heiligen Nacht ist nichts mehr gleichgültig, er beherbergt uns durch alle Zeiten.
Zuversicht und Friede sei in Ihrem Haus!
Ihr
RALF MEISTER
Landesbischof der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers
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