Wort an die Kirchengemeinden im Kirchenkreis zum Sonntag 17. Oktober
Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,
am vergangenen Montag wurde auf einer Pressekonferenz im Rathaus in Oesede ein sexueller Missbrauchsfall öffentlich gemacht, der in den 1970er Jahren durch einen ehemaligen Diakon in der dortigen Evangelischen Kirchengemeinde verübt wurde.
Die damals 11-jährige Lisa Meyer wurde von dem Diakon in Ausbildung Siegfried G. im Sommer 1974 auf einer Kinderfreizeit in Österreich schwer sexuell missbraucht.
Seit Februar 2021 habe ich gemeinsam mit Pastorin Gesine Jacobskötter aus Bad Rothenfelde und Pastor Nils Donadell aus Georgsmarienhütte die Betroffene Lisa Meyer begleitet und Veröffentlichung und Aufarbeitung mit ihr vorbereitet. Die Gewalttat eines kirchlichen Mitarbeiters und die Leidensgeschichte der Betroffenen haben uns sprach- und fassungslos gemacht. Wir haben darüber hinaus erfahren, dass verantwortliche Menschen unserer Kirche in der Vergangenheit und bis in die Gegenwart hinein Fehler im Umgang mit Tätern und Betroffenen sexuellen Missbrauchs gemacht haben. Einzelne, aber auch unsere Kirche als Institution, sind an Menschen schuldig geworden, weil Verantwortung nicht ausreichend wahrgenommen wurde, den Betroffenen nicht empathisch begegnet wurde und das Handeln bzw. Nichthandeln darauf schließen lässt, dass immer wieder Täterschutz und Selbstschutz vor Opferschutz gestellt wurde. Das darf sich niemals wiederholen. Als Superintendent ist mir wichtig, dass sich die Verantwortlichen in unseren Kirchengemeinden und im Kirchenkreis eindeutig und solidarisch an die Seite der Betroffenen stellen. Der Schutz der Betroffenen muss unzweideutig vor dem Täterschutz stehen. Dazu werden wir in den kommenden Monaten vieles miteinander auf den Weg bringen müssen in unseren Kirchengemeinden und im Kirchenkreis. Mir geht es nicht nur um die Sensibilisierung und Schutzkonzepte im Fall von Missbrauch in der Kirche, sondern darum, dass wir unsere innere Haltung zu diesem Thema verändern.
Heute bitte ich Sie, die Betroffenen sexualisierter Gewalt in ihrem Fürbittengebet aufzunehmen.
Ihr Superintendent Hannes Meyer-ten Thoren